Hammer der Woche: Stress lässt das Gehirn schrumpfen


Heute möchte ich die Auswirkung von Stress auf unser Gehirn etwas näher beschreiben, denn Stress ist in unserer heutigen Zeit allgegenwärtig, für manche ist es sogar ein Synonym für Leistungsfähigkeit geworden. Schließlich haben gestresste Menschen jede Menge zu tun, sind fleißig und vergeuden ihre Zeit eben nicht mit Entspannung. Doch Stress wirkt sich auf das Gehirn und das Verhalten von Menschen viel gravierender aus. Er kann sogar die Organstruktur verändern. Wir benötigen also für eine gesunde Psyche ein sehr gutes Gefühl dafür, wann Stress schädlich für uns wird und wie wir dann für unser Gehirn die nötige Regenerationszeit organisieren.

 

 

Aber warum ist das so?

 

 

Auf Flucht vorbereitet

 

 

Die körperliche Stressantwort stammt von unseren Vorfahren und hat Einfluss auf viele Bereiche des Körpers: Als wir noch mit dem Mammut kämpfen mussten, um unsere Familie zu beschützen oder zu ernähren, war dieses System in unserem Körper sehr hilfreich: Die Atemfrequenz erhöht sich, das Herz schlägt schneller, die Muskeln werden besser durchblutet – all das geschieht, um etwa im Falle eines Angriffs schnell weglaufen zu können. Nach einer gewissen Zeit fährt der Körper diesen Stressmodus normalerweise wieder herunter.

 

Ein dauerhaft erhöhter Cortisolspiegel verhindert das. Zu viel Stress kann also dazu führen, dass wir im Alltag anders reagieren, als wir es ungestresst tun würden. Und er kann wiederum noch mehr Stress auslösen.

 

Jeder kennt stressige Situationen, in denen er abgelenkt oder vergesslich ist.

 

Wer gestresst ist, kann sich schlechter konzentrieren, wird fahrig und ungeduldig. Stress beeinflusst auf unterschiedliche Weise die verschiedenen Areale des Gehirns. Und das teilweise so schwerwiegend, dass sich die Struktur des Organs verändert, einige Teile schrumpfen, andere wachsen. Schuld sind unter anderem bestimmte Hormone, die der Körper als Reaktion auf Stress freisetzt. Das zeigen mehrere Studien der vergangenen Jahre.

 

So kann das Stresshormon Cortisol zum Beispiel verhindern, dass sich neue Nervenzellen im Hippocampus bilden.  Der Hippocampus ist derjenige Teil des Gehirns, der neben dem Gedächtnis und der Gefühlssteuerung unter anderem auch verantwortlich für das Abschalten der Stressantwort des Körpers ist.

 

 

Gehirn ist anfälliger für Angst

 

 

Chronischer Stress kann zudem den medialen präfrontalen Kortex schrumpfen lassen. Der präfrontale Kortex ist daran beteiligt, Inhalte in das Gedächtnis zu integrieren und Ereignisse emotional zu bewerten. Die Prozesse, die im präfrontalen Kortex ablaufen, sind mitverantwortlich dafür, dass Menschen situationsangemessen handeln.

 

Schrumpft dieser Hirnbereich, kann sich das negativ auf die Entscheidungsfähigkeit, das Gedächtnis und die Kontrolle von impulsivem Verhalten auswirken. Das Ergebnis sei ein Gehirn, das weniger lernen und erinnern kann und anfälliger ist für Angst und Depressionen.

 

 

Negative Gefühle verstärkt

 

 

Damit nicht genug. Das Stresshormon Cortisol kann zusätzlich die Größe und Aktivität eines anderen Teils des Gehirns erhöhen, der Amygdala. Dadurch verstärken sich negative Emotionen wie Furcht, Angst oder Aggression.

 

Die Amygdala ist entscheidend für die Bildung und Speicherung von Erinnerungen sehr emotionaler Ereignisse. Sie verbindet Ereignisse mit Gefühlen und speichert diesen Zusammenhang in unserem Langzeitgedächtnis.

Diese Veränderungen im Gehirn können erhebliche Auswirkungen darauf haben, wie wir mit anderen Menschen umgehen. Außerdem beeinflussen sie unsere Fähigkeit zu lernen und Entscheidungen zu treffen. Stress erschwert es uns, Stresssituationen erfolgreich zu managen – ein Teufelskreis.

 

 

Bitte entspannen: Das beste Mittel gegen Stress

 

 

 

Doch es gibt ein wirksames Mittel gegen den negativen Einfluss von Cortisol: Sport. Und damit sind keine Denksportaufgaben gemeint, sondern tatsächlich körperliche Bewegung. Sie kann helfen, das Gehirn stressresistenter zu machen.

Der Grund: Bewegung fördert den Wachstumsfaktor BDNF im Körper. Dieser bringt das Gehirn dazu, gesundes Hirngewebe zu entwickeln. So kann Sport die negativen Effekte von Stress umkehren. Wenn wir trainieren, schüttet der Körper BDNF aus und das Gehirn bildet Neuronen, insbesondere im Hippocampus.

 

 

 

Bewegung gegen das Altern

 

 

Bewegung beeinflusst zudem auch das Wachstumshormon (HGH, Human Growth Hormon), das wichtig ist für die Entwicklung aller Gehirn- und Körperzellen. HGH wirkt dem natürlichen zellulären Alterungsprozess entgegen und fördert das Hirnvolumen. So kann zum Beispiel ein kurzer Sprint von etwa 30 Sekunden den HGH-Spiegel um das Sechsfache erhöhen – und sich auf diese Weise positiv auf das Gehirn auswirken.

Stundenlanges Training ist gar nicht nötig, um sein Gehirn fit zu halten. Eine
Analyse von zehn verschiedenen Studien ergab, dass fünf Minuten dauernde Übungen, die die Herzfrequenz ein wenig erhöhen, die größte Wirkung haben. Sie verbessern die Stimmung und bekämpfen Stress.

 

Stress ist also ein Ungleichgewicht zwischen Belastungen und den Möglichkeiten, diese zu bewältigen. Dabei müssen wir heute gar nicht mehr gegen Mammuts kämpfen! Warum sind wir also heute mehr gestresst? Warum erleben sich viele Menschen im Dauerstress?

 

Wir haben es heute mit modernen Mammuts zu tun. Ich denke da z.B. an Mobbing, an unglückliche Beziehungen, an sehr komplexe, langwierige Arbeitsaufgaben, an unsere mittlerweile normalgewordene ständige Erreichbarkeit usw. Das alles kann zu Dauerstress führen, der uns wirklich schadet.

 

 

So killt Cortisol deine Neuronen im Gehirn!

 

 

Stress ist also ein Killer für unsere Neuronen, die Nervenzellen in unserem Gehirn.

 

 

So wirkt Cortisol im Gehirn

 

 

So wie das Stresshormon Cortisol in unserem Körper Energie freisetzt, so wirkt es im Gehirn genau umgekehrt. Einerseits greift das Hormon den Hypocampus an, unseren Langzeitspeicher für Erinnerungen, und schwächt so das Gedächtnis. Andererseits wird auch das Vorderhirn schwer in Mitleidenschaft gezogen, hier sitzen die Zentren für die Entscheidungsfindung, für die Aufmerksamkeitssteuerung und die kognitive Kontrolle. Der amerikanische Stress-Forscher Bruce McEwen hat in einer seiner Studien nachgewiesen, dass sich Cortisol dramatisch auf die Neuronen, den Nervenzellen im Gehirn, auswirkt. Die Fortsätze der Neuronen werden kürzer und die Anzahl der kleinen Verästelungen, aus denen sich die Synapsen entwickeln, werden kürzer.

 

Das wirkt sich direkt auf Gedächtnisleistung und Lernfähigkeit aus. Hört der Stress auf, kann sich das Gehirn grundsätzlich regenerieren. Die Regenerationsfähigkeit hängt aber von der Länge des Stressreizes ab und vom Alter der Betroffenen:

 

  • In jungen Jahren erholen sich die Verästelungen und wachsen wieder, wie sie ursprünglich waren.

 

Neuronen-Regeneration im jungen Gehirn: 90%

 

 

  • Im mittleren Alter wachsen die Fortsätze nach, erreichen aber nicht mehr ihre ursprüngliche Länge.

 

Regeneration im mittleren Alter: 50%

 

  • Im fortgeschrittenen Alter wachsen die Verästelungen gar nicht mehr nach.

 

Regeneration im fortgeschrittenen Alter: 5%

 

  • Bei der Fähigkeit zur Synapsenbildung ist der Effekt in allen Altersgruppen gleich: Die Zahl bleibt geringer als vor der Stressphase!

 

Kurzfristiger Stress ist sogar gut!

 

 

Kurzfristiger Stress aktiviert sogar das Immunsystem. Das ist ein durch die Evolution programmiertes, universelles Prinzip der Natur, das sogar auf der Ebene der Zellen wirkt: Kurzfristiger Stress schützt unsere Zellen! Aber: Lang andauernder, permanenter Stress schaltet ein Selbstmordprogramm in den Zellen ein.

 

Der Organismus besitzt also eine Reservekapazität für schlechte Zeiten, mit der er sich für kurzfristige Stressphasen schützt und hofft darauf, dass diese Zeiten wieder vorbeigehen. Das ist in der Regel auch so, deswegen hat sich dieses Programm in der Evolution durchgesetzt. Eine permanente Aktivierung wäre für den Organismus inneffizient, weil er wertvolle Energie-Ressourcen verschwenden würde. Diese waren meistens sehr knapp!

 

 

 

5 Tipps, mit denen Sie Ihr Gehirn ankurbeln:

 

 

 

1. Bewegung:

 

Bewegung regt die Bildung des Nervenwachstumsfaktors (BDNF) an, der dafür sorgt, dass neue Nervenzellen wachsen, die durch Stress kaputt gegangen sind.

 

 

2. Entspannung:

 

Wir müssen Dauerstress durchbrechen. Regelmäßige Entspannungsphasen sind unbedingt wichtig. Dabei meine ich nicht den Yogatermin um 14 Uhr. Denn durch Termin-Entspannung geraten wir möglicherweise wieder unter Stress. Ich denke, wir müssen unsere Intuition wiederfinden. Unser Körper sagt uns in der Regel, wann er Entspannung braucht.

 

 

3. Wir müssen wieder lernen, glücklich zu sein!

 

Dabei meine ich die kleinen Dinge im Alltag. Wir sind heute so auf der Suche nach Glück, dass wir oft gar nicht mehr merken, welche kleinen Dinge uns eigentlich schon glücklich machen.

 

 

4. Lernen

 

Viel Lernen hilft den Verfall des Gehirns zu stoppen. Zeitung lesen allein reicht dabei nicht aus. Lernen muss anstrengend sein! Das Gehirn schrumpft im Inneren und auf der Oberfläche, deshalb ist es wichtig, das Gehirn zu fordern außerhalb der Komfortzone.

 

 

5. Ernährung

 

Gesund essen, auf Junk-Food verzichten und hochwertige Lebensmittel essen. Viele Menschen haben da bereits eine gute Einstellung dazu. In mehreren Studien ist aber auch nachgewiesen wurden, dass Intervallfasten gute Effekte für die Neurogenese hat. Die Neurogenese wird durch den Verzicht auf Nahrung angeregt, weil sich der Körper eben nicht mit der Verdauung von Nahrung beschäftigt ist.

 

 

So und nun sind wir wieder ein bisschen schlauer!

 

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